Interview mit unserem Experten Heinz-Josef Botthof zum Thema Führung
» Was bedeutet in Ihren Augen „Führung“?
Führen bedeutet, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren individuellen Fähigkeiten so zu lenken, dass ein optimaler Beitrag zur Leistungsentstehung möglich wird. Der Erfolg hängt also in einem hohen Maße davon ab, ob es der Führungskraft gelingt, die Mitarbeiter/innen für sich zu gewinnen. Vertrauen ist die Basis dafür.
Ohne Vertrauen in die Führungskraft gibt es zwar formale Vorgesetzte, diese sind jedoch keine Führungskräfte. Gute Führung gelingt nur dann, wenn sich die Mitarbeiter/innen darauf einlassen, geführt zu werden.
» Was ist der Unterschied zwischen einem Vorgesetzten und einer Führungskraft?
Hier passt die Unterscheidung von Rupert Lay sehr gut, der zwischen „Vorgesetzten“, „Führungskräften“ und „Führungspersönlichkeiten“ unterscheidet.
Während der erste Typus einfach nur Chef/in ist, agiert der zweite sehr stark aufgabenorientiert. Eine Führungskraft schaut ausschließlich auf die Leistung. Die Führungskraft orientiert sich bei der Beurteilung sehr stark an Zahlen. Beide, Vorgesetzte und Führungskräfte, arbeiten in der Führung durch Druck, letztlich durch „Belohnung“ und/ oder „Bestrafung“ für bestimmte Leistungen. Der dritte Typ, die Führungspersönlichkeit, betrachtet hingegen die handelnden Menschen im Zusammenhang mit den Aufgaben. Einer Führungspersönlichkeit ist bewusst, welch hohe Bedeutung Kommunikation mit den Mitarbeiter/innen für den Erfolg hat. Sie kümmert sich nicht ausschließlich um Leistungsziele, sondern darüber hinaus um die humanitären Ziele. Ihr Führungsstil ist geprägt durch Sog. Dieser „Sog“ wird dadurch erzeugt, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, unter denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne Leistung erbringen. Es ist ihnen ein persönliches Anliegen, Leistung zu erbringen, die Leistungsmotivation ist intrinsisch und muss nicht durch Belohnung/ Bestrafung von außen veranlasst werden.
Diese Einteilung macht deutlich, dass Führung mehr ist als die reine Anwendung von Techniken und Methoden. Führung hat viel mit Psychologie zu tun. Immer dann, wenn man sich das mögliche Verhalten und die persönlichen Erwartungen der Mitarbeitenden verdeutlicht, kann man gezielter und effizienter führen.
Menschen sind (zum Glück!) alle unterschiedlich. Daher mag bei dem einen ein Führungsstil toll funktionieren, während bei dem anderen gerade dieser Stil Widerstand hervorruft. Die gute Führungskraft kann daher situativ führen. Also in Abhängigkeit von Situation, Rahmenbedingungen, der/ dem jeweiligen Mitarbeiter/in und der eigenen Person die richtigen Instrumente wählen.
Das Ergebnis von individueller, situativer Führung: Leistung, Qualität und Motivation steigen.
» Lassen Sie uns noch einmal auf den Begriff „Vertrauen“ zurückkommen.
Weshalb ist das Vertrauen zwischen einer Führungspersönlichkeit und ihren Mitarbeiter/innen so wichtig?
Führung basiert auf Vertrauen! Vertrauen wird fälschlicherweise oft als Soft Fact betrachtet und somit als nice to have abgetan. Bei genauerem Hinschauen wird jedoch deutlich: Es handelt sich um einen harten wirtschaftlichen Faktor: Bis zu 70 % Effizienzverlust riskieren Unternehmen und Führungskräfte, wenn das Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeiter/innen nicht stimmt. Diese Zahlen liefern verschiede Studien dazu.
» Und wie gewinne ich das Vertrauen meiner Mitarbeiter/innen?
Leider entsteht Vertrauen nicht einfach so nebenbei. Es muss aktiv erarbeitet werden! Dabei rate ich, dass die Führungkraft gegenüber den Mitarbeiter/innen durchaus mit einem Vertrauensvorschuss startet. Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, persönliche Wertschätzung und die Qualität der Kommunikation (z. Bsp. Klarheit und Offenheit) sind zentrale Faktoren, um Vertrauen zu schaffen und langfristig zu bewahren. Seien Sie als Führungskraft ein Vorbild!
» Was ist für Sie das Fazit dieser Erkenntnisse? Oder anders gefragt: Wie gelingt „gute Führung“?
Führung ist weit mehr als Prozesse zu steuern. Erfolgreiche und zukunftsorientierte Führung erfordert das Bewusstsein, mit der wichtigsten Ressource in einem Unternehmen umgehen zu dürfen: dem Menschen.
Mitarbeiter/innen steuern, individuell entwickeln und an das Unternehmen binden ist eine wichtige Herausforderung. Dabei unterliegt auch Führung einem permanenten Wandel. Führungskräfte müssen ihren persönlichen Führungsstil daher stetig an die neuen Bedingungen anpassen. Alte Gewohnheiten stehen der Veränderung oft im Weg.
Dieses Bewusstsein für die Notwendigkeit von Veränderungen muss bei den Führungskräften entstehen. Nur dann werden auch zielführende Veränderungen angegangen. Hinzu kommt, dass Führung auch immer abhängig ist von dem direkten Umfeld und der Unternehmenskultur. Je einheitlicher Führung in einem Unternehmen verstanden wird, um so leichter wird es für Führungskräfte.
Das Interview habe ich mit unserem Referenten Heinz-Josef Botthof geführt.
Sein Wissen und seine Erfahrung zum Thema Führung gibt er in verschiedenen Seminaren weiter, beispielsweise in Seminaren zum „Projektmanagement“.