Jedes Unternehmen sollte seine Forderungseingänge regelmäßig und zeitnah überprüfen. Speziell in Krisenzeiten erhält das Forderungsmanagement aber eine ganz besondere Bedeutung. Hier ist es besonders empfehlenswert, die Prozesse des Debitorenmanagements kritisch zu hinterfragen und stetig zu verbessern, so dass die Liquidität im Unternehmen nachhaltig sichergestellt wird.

Im folgenden Text erläutert Steuerberaterin und Dipl. Betriebswirtin (BA) Birgitta Dennerlein die zentralen Möglichkeiten der Forderungsüberwachung in Krisenzeiten:

Dem Debitorenmanagement kommt u.a. die Aufgabe zu, den Bestand an Debitoren („Schuldnern“) festzustellen und die Zahlungseingänge regelmäßig zu überwachen. Vorrangiges Ziel ist dabei, das Ausfallrisiko zu reduzieren.

Das Debitorenmanagement sollte kurzfristig – beispielsweise auf Wochenbasis – die notwendige Liquidität des Unternehmens vorhalten, damit den eigenen Zahlungsverpflichtungen regelmäßig nachgekommen werden kann. Langfristig betrachtet dient das Debitorenmanagement dem Erreichen bzw. dem Verbessern von Rentabilitätszahlen. Ein gutes Debitorenmanagement erhöht die Bonität, wenn beispielsweise weniger Forderungen abgeschrieben werden.

Gerade in Krisenzeiten ist es besonders wichtig, sich einen schnellen Überblick über den Bestand der Forderungen bzw. der Debitoren zu verschaffen. Hilfsmittel hierfür ist die sog. Offene-Posten-Liste (sog. OPOS-Liste), die im Ergebnis der Kontrolle des offenen Bestandes an Debitoren dient.

Das Debitorenmanagement umfasst die im Folgenden erläuterten wesentlichen Bereiche:

Bonität der Kunden* prüfen

Bevor ein (neuer) Auftrag angenommen wird, ist es ratsam, die Bonität des potentiellen Kunden zu prüfen. Hierzu können Sie entweder Informationen beim Kunden selbst erfragen oder alternativ mit Hilfe von Dritten arbeiten. Dazu zählen beispielsweise Auskunfteien oder die Einsicht in die Bilanz des Kunden beispielsweise beim Bundesanzeiger. Im weiteren Verlauf können Sie dann ein entsprechendes internes Limit festlegen.

Auch bei Bestandskunden ist es empfehlenswert, die Bonität regelmäßig zu prüfen. Antworten auf das Zahlungsverhalten in der Vergangenheit können Sie aus Ihrer eigenen laufenden Debitorenbuchhaltung entnehmen. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, ein waches Auge bei verändertem Verhalten auf den Kunden zu werfen und zeitnah ein Gespräch zu suchen, um die Hintergründe der Veränderungen zu erfahren.

Zahlungsziele reduzieren

Zahlungsziele sind meist Bestandteil der Vereinbarungen mit dem Kunden. Das Zahlungsziel ist entscheidend, um einen Verzug zu begründen. In Krisenzeiten kann es wichtig sein, ein kürzeres Zahlungsziel zu verhandeln, um einen schnelleren Liquiditätszufluss zu erreichen. Auch die Frage der Vorauskasse ist bei Neukunden, im Online-Geschäftsverkehr oder auch bei ausländischen Kunden „beliebt“. Die Vorauskassenvereinbarung oder das regelmäßige Erstellen von Zwischenabrechnungen von abgeschlossenen Teilleistungen bietet die Möglichkeit, früheren Zahlungszufluss zu erreichen.

Rechnungen früher stellen

Mit zunehmender Digitalisierung werden Rechnungen heutzutage zeitgleich mit den Lieferscheinen aus dem System geniert. Dies hat zur Folgen, dass fast zeitgleich mit der versandten Ware auch die Rechnung versendet wird. Unternehmen, die die Rechnungen ggf. noch manuell erstellen oder branchenbedingt auf Zwischeninformationen angewiesen sind, sollten ihre Prozesse so verändern, dass eine zeitnahe Fakturierung umgesetzt werden kann.

Mahnungen

Kernstück des Forderungsmanagements bildet das Mahnwesen. Grundlage für das Mahnwesen bildet das Offene-Posten-Konto des jeweiligen Debitors, aus dem die noch offenen Rechnungsbeträge und deren Fälligkeit abgelesen werden können. Daher ist es besonders wichtig, Zahlungseingänge zeitnah – am besten täglich – buchhalterisch zu erfassen, um die OPOS-Liste auf dem aktuellen Stand zu halten und regelmäßig zu überwachen. Ungeklärte Differenzen sind zeitnah zu klären und zu bereinigen. Überfällige Forderungen sind Forderungen, deren Fälligkeitstag bereits verstrichen ist, so dass der Debitor in Verzug geraten ist. Um den Kunden dennoch so schnell wie möglich zur Zahlung zu bewegen, kann das Unternehmen den direkten (z.B. telefonischen) Kontakt zum Kunden suchen oder die offenen und überfälligen Rechnungen anmahnen.

Das Mahnwesen umfasst regelmäßig drei Mahnstufen. Die erste Mahnstufe stellt meist eine freundliche Zahlungserinnerung dar, falls der Kunde die Rechnung tatsächlich verlegt oder vergessen haben sollte. Die beiden weiteren Mahnstufen steigern sich in der Art der Formulierung, um den Kunden mit etwas mehr Druck zur Zahlung zu bewegen.

Factoring

Eine – gerade in Krisenzeiten – immer beliebtere Methode der Liquiditätssicherung stellt das sog. Factoring dar. Beim Factoring werden die eigenen Forderungen an einen Dritten, den sog. Factor – unter Berücksichtigung von einem Abschlag (oft 2%) verkauft, der sodann die Forderungen eintreibt. Es ist üblich, dass das Unternehmen nach Rechnungsübermittlung den größten Teil (z.B. 90%) des offenen Geldbetrags bereits erhält. Der Restbetrag wird nach Zahlung des Kunden an den Factor überwiesen.

Kurzfristige Liquiditätsplanung

Gerade in Krisenzeiten kommt dem kurzfristigen Eintreiben von offenen Rechnungen eine besondere Rolle zu. Hat das Unternehmen bereits spürbare Liquiditätsprobleme, ist es meist zu spät, um entsprechende Debitorenmanagement-Maßnahmen nachträglich zu implementieren. Das Unternehmen steht bereits unter großem Druck und hat wenig Zeit, Prozesse in die richtige Veränderung zu bringen. Daher ist es umso wichtiger, das Forderungsmanagement entsprechend der aktuellen Situation so zu betreiben, dass kurzfristige Liquidität gesichert und erhalten wird. Dazu könnte es dienlich sein, die Liquiditätsplanung auf die nächsten 12 bis 13 Wochen auszurichten und in dieser Planung die gesamten Einzahlungen nach Fälligkeit zuzuordnen. Durch diese Form der Planung werden Liquiditätsspitzen erkennbar, so dass das Unternehmen flexibler reagieren kann, um Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken.

Offene Bestände, die das Unternehmen schon länger mitträgt, sind ebenso in der Planung zu erfassen. Der Zufluss ist regelmäßig in der ersten Woche des Planungshorizonts von 12 bis 13 Wochen angenommen. Gerade diese Forderungen sollten unter besonderer Beobachtung stehen, da hier ggf. eine Wertberichtung der Forderungen notwendig wird. Sind diese offenen Beträge noch nicht angemahnt, sollte dies umgehend nachgeholt werden.

Ratsam ist es auch, den direkten (z.B. telefonischen) Kontakt mit dem Kunden aufzunehmen und die Gründe des Zahlungsverzugs zu erfahren. Im Anschluss ist die Planung entsprechend anzupassen und aussagekräftiger zu gestalten.

Die folgende Tabelle soll Sie darin unterstützen, sich ein kurzes Bild über Ihre aktuelle Situation zu machen.

BeschreibungStatus (ja/nein)Engpass mit Auswirkung auf den BerufsalltagLösungsvorschlag
OPOS-Liste ist auf aktuellem Stand und gut gepflegt.   
Die Kunden zahlen innerhalb der Fälligkeit.   
Mahnungen werden regelmäßig versendet.   
Der Bestand an überfälligen Forderungen ist hoch.   
Es besteht eine hohe Abhängigkeit von bestimmten Kunden, die sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden.   
Rechnungen werden zeitnah gestellt und versendet.   
Die Umstellung auf Vorauskasse bzw. auf  Anzahlungsrechnungen sind eine Option.   
Wir als Unternehmen nutzen Factoring im geeigneten Maße.   

Sie möchten sich ausführlicher mit der Debitorenbuchhaltung auseinandersetzen? – Frau Dennerlein ist als Referentin für die Wbildung Akademie tätig und bietet u.a das SeminarDebitorenbuchhaltung – Grundlagenseminar an. Es stehen unterschiedliche Termine für Präsenz- und Online-Kurse zur Verfügung. Darüber hinaus kann das Seminar auch unternehmensintern durchgeführt werden.

*Das Wort „Kunde“ wird hier mit Bezug auf Unternehmen verwendet, daher wird – auch im Sinne der besseren Lesbarkeit – im gesamten Text lediglich die männliche Form genutzt.

@ Birgitta Dennerlein, Steuerberaterin, Freiburg. i. Br.