Die Verhandlungswelt kann in mehrere Stufen eingeteilt werden. Die höchste Stufe des Verhandelns ist das Verhandeln um die Werte in einer Gruppe oder in der Gesellschaft. Wer bestimmt, welche Werte eine Gruppe anstrebt, hat dort die wahre Führung. Mit Werten sind hierbei die Werte gemeint, die unausgesprochen als „political correct“ erachtet, als richtig angesehen und deshalb als erstrebenswert empfunden werden.
Ebenso zu der höchsten Liga der Verhandlungsführung gehört die Kontrolle über die inneren Prozesse des Verhandlers selbst. Eine Person verhandelt nie nur extern mit der Welt um sich, sondern immer auch intern, mit sich selbst. Die interne Verhandlung zu verstehen und zu lenken gehört ebenso zur höchsten Stufe der Verhandlungsführung. Der Clou hierbei: Gelingt es einer Person, die inneren Prozesse ganzheitlich zu durchschauen und zu steuern, gestaltet sich die Außenwelt von selbst. Dabei sind die inneren Prozesse mächtiger als die äußeren. In der Außenwelt agieren wir gemäß Plänen, Strukturen und Vorgehensweisen. Aber kein Plan, kein Leitfaden in der Welt kann all die individuellen Aspekte einer Situation berücksichtigen. Die inneren Prozesse sind da anders. Sofern diese bewusst gesteuert werden, können sie stets die spezifischen Aspekte der vorliegenden Situation einbeziehen und ihnen Rechnung tragen.
Der gute Verhandler ist somit eine Person, die vor allem mit sich selbst gut verhandelt.

Wie aber muss ein Verhandler seine inneren Prozesse stricken, um gut verhandeln zu können?
Das Verhandeln ist ein Teil des Lebens. Somit ist es genau wie alle anderen Aspekte des Lebens der Lebensdynamik ausgesetzt. Die Dynamik unseres Lebens ist die der Dualität. Es ist trivial, dies zu erwähnen, aber das Gute kann ohne das Böse nicht existieren. Es wird bedeutungslos. So wie auch der Norden ohne den Süden nicht existieren kann oder richtig ohne falsch. Dieser Aspekt der Dualität trifft auch auf die Verhandlungswelt zu, insbesondere dann, wenn es um die inneren Prozesse eines Verhandlers geht.

Der Ausgangspunkt einer Verhandlung ist der Konflikt, also eine duale Situation. Die Zweiheit bezieht sich in diesem Fall auf die unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Verhandler. Es bleibt zu erwähnen, dass dieser Rahmen bei multilateralen Verhandlungen gesprengt werden kann. Fein betrachtet bleibt allerdings die Dualität aus Sicht eines jeden Verhandlers bestehen: er gegen die anderen.
Der Ort, wo die Zweiheit fortwährend existiert, ist in dem Verhandler selbst. Er möchte das Verhandlungsziel erreichen. Je größer sein Bestreben, umso größer die innerlich manifestierte Abhängigkeit. Diesem Eifer widerstrebt der Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit. Sofern das innere Bestreben, das Verhandlungsziel zu erreichen, nicht groß genug sein sollte, wird der Verhandler nicht hinreichend investieren. Überwiegt die Intention, das Verhandlungsobjekt erlangen zu wollen, den Drang nach Unabhängigkeit und Freiheit, zahlt der Verhandler einen zu hohen Preis. Wobei mit Investition und Preis keine monetären Einheiten gemeint sind, sondern alle Aspekte, die das jeweilige Bestreben umfasst.

Der gute Verhandler läuft auf der Linie der Paradoxie. Er möchte das Verhandlungsziel erreichen, ist aber in der Lage, jederzeit davon Abstand zu nehmen. Dieser Leitsatz betrifft vor allem seine innere Haltung. Wie er dies nach außen darstellt, ist ein anderes Thema. Wir sprechen hierbei fokussiert über die inneren Prozesse.
Der Verhandler möchte also das Objekt des Begehrens, kann aber innerlich jederzeit darauf verzichten. Dieses Paradoxon kennzeichnet die optimale innere Haltung, die ein guter Verhandler im Moment der Verhandlungsführung einnehmen kann.

Jede Person, die öfter verhandelt hat, kennt das Ergebnis der einen oder anderen unausgewogenen Entscheidung. Investiert der Verhandler zu wenig, wird er das begehrte Objekt nicht erlangen. Zahlt er einen zu hohen Preis, wird er im Nachhinein von Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen geplagt.
Die Bereitschaft, einen zu hohen Preis zu zahlen, hat oft auch einen anderen gravierenden Nebeneffekt. Um uns zu schützen, macht uns das Unterbewusstsein in solchen Momenten einen Strich durch die Rechnung und übernimmt unsere Entscheidungsprozesse in der Form, dass diese zu einem Scheitern der Verhandlungen führen. Am Ende fragt man sich dann, wie das alles nur passieren konnte.
Das alles ist passiert, da der Verhandler seine inneren Prozesse nicht steuern konnte. Ihnen sollte dies gewiss nicht widerfahren.

  • Die innere Verhandlung ist wichtiger als die äußere Verhandlung.
  • Der gute Verhandler überschaut seine inneren Prozesse und steuert sie.
  • Der gute Verhandler möchte das Verhandlungsziel erreichen, kann aber jederzeit innerlich davon Abstand nehmen.

Zum Autor:
Foad Forghani ist einer der gefragtesten Ghost bzw. Shadow Negotiators in Deutschland. Ghost Negotiators sind Verhandlungsspezialisten, die Verhandlungsstrategien für Mandanten aus Wirtschaft und Politik entwickeln und Sie dabei begleiten. Sein Experten Know-how sammelte er nach seinem Management-Studium an der Heriot Watt University Edinburgh, in leitender Funktion für nationale und internationale Firmen.
Forghani wird vor allem in Krisensituationen und brisanten Verhandlungsfällen als Spezialist hinzugezogen. Er versteht es, die schwierigsten und komplexesten Verhandlungsfälle mit außergewöhnlichen Ideen zum Erfolg zu führen.
In Vorträgen und Seminaren gelingt es Herrn Forghani die Teilnehmer/innen mit der Darstellung von extremen Verhandlungssituationen in den Bann zu ziehen und komplexe Themen bildhaft zu vermitteln. Er ist ein gefragter Experte in den Medien und auf Kongressen, wenn es um die Geheimnisse der Verhandlungsführung geht. Zu seinen Mandanten zählen hochrangige Politiker sowie Wirtschaftsführer.